Live­strea­ming und hybri­de Events 2.0 — One-Hit-Won­der oder ein Gen­re mit Zukunft

Es ist noch gar nicht all­zu lan­ge her, da waren die Begrif­fe Live­strea­ming und hybri­de Events etwas für ein­ge­weih­te Tech­nik­freaks. Heu­te, im Som­mer 2022, kön­nen die meis­ten von uns ein Lied über vir­tu­el­le Mee­tings mit ZOOM, MS-Teams oder WebEx sin­gen. Die Stro­phen han­deln von von Web­cams und Mikro­fo­nen, von Band­brei­ten und Netz­werk­ver­bin­dun­gen, von Green­screens und vir­tu­el­len Hin­ter­grün­den. Zwar haben zwei Jah­re Pan­de­mie der Digi­ta­li­sie­rung einen kräf­ti­gen Schub ver­setzt, aber jetzt hängt der Song zu den Ohren her­aus. Blei­ben Live­streams und hybri­de Events als One-Hit-Won­der in Erin­ne­rung, oder steckt ein bis­lang unbe­kann­tes Gen­re aktu­ell in einem Zwi­schen­tief und steigt bald zu neu­en Höhen auf?

Viel­leicht hilft es, wenn wir uns die Eigen­schaf­ten digi­ta­ler Events noch­mals ver­ge­gen­wär­ti­gen, sozu­sa­gen die Noten genau­er unter die Lupe neh­men. Wir haben die Mikros und Web­cams unse­rer Lap­tops ent­deckt, weil per­sön­li­che Tref­fen schlicht nicht mög­lich waren. Zu groß die berech­tig­te Sor­ge vor Anste­ckung und wei­te­rer Aus­brei­tung der Pan­de­mie. Gewis­ser­ma­ßen ein Instru­ment zur Pan­de­mie­ein­gren­zung, aber auch, um trotz Ein­schrän­kun­gen wei­ter­hin in Kon­takt und Aus­tausch zu blei­ben. Zunächst im Klei­nen, inner­halb pri­va­ter Com­mu­ni­ties, recht schnell dann auch im Gro­ßen, inner­halb von Unter­neh­men, lokal, regio­nal, international.

Ser­vice­an­bie­ter von Video­platt­for­men erkann­ten ihre Chan­cen, bau­ten Ange­bo­te suk­zes­si­ve aus, gestal­te­ten immer benut­zer­freund­li­che­re Soft­ware. Auf Sei­ten der Anwen­der wuchs mit jedem wei­te­ren vir­tu­el­len Mee­ting die Sicher­heit im Umgang mit unter­schied­lichs­ten Soft­ware­pro­duk­ten. Was ehe­mals nur weni­ge inter­es­sier­te, wur­de zum digi­ta­len All­ge­mein­wis­sen. Vir­tu­el­les Leben, auf zahl­rei­chen Kanä­len, zu jeder Zeit.

Ich selbst habe bis zum März 2020 die Video­funk­ti­on mei­nes Lap­tops nur gele­gent­lich benutzt, die mei­ner Kame­ras kaum und wenn, dann nur sehr sel­ten. Sowohl der zeit­li­che Auf­wand zur Erstel­lung und Nach­be­ar­bei­tung als auch die not­wen­di­ge Inves­ti­ti­on in Rech­ner­leis­tung war mir zu hoch. Mit Beginn der Pan­de­mie hat sich die­se Sicht schlag­ar­tig geändert.

Mich haben die neu ent­deck­ten Mög­lich­kei­ten gepackt. Einer­seits aus unter­neh­me­ri­schen Inter­es­se, denn mein Arbeits­be­reich der foto­gra­fi­schen Event­do­ku­men­ta­ti­on kam bin­nen kür­zes­ter Zeit völ­lig zum Erlie­gen und es muss­te eine neue Ein­kom­mens­quel­le erschlos­sen wer­den. Ande­rer­seits auf Grund der für mich zuneh­mend erkenn­ba­rer wer­den­den Instru­men­te, ihrer indi­vi­du­el­len Klän­ge und der damit ver­bun­de­nen Chan­cen zur Gestal­tung. Heu­te sehe ich längst kein ein­zel­nes Instru­ment mehr. Ich sehe einen gan­zes Orches­ter und damit die Opti­on auf viel­fäl­ti­ge und abwechs­lungs­rei­che audio­vi­su­el­le Streams.

Wor­in lie­gen aber die Grün­de für das Spie­len nach den immer glei­chen Noten in immer glei­cher Abfolge?

Wir wol­len Sicher­heit. Ein Wunsch, der in der Natur des Men­schen fest ver­an­kert ist. So ist der spie­le­ri­sche Umgang aus der Anfangs­pha­se star­ren Abfol­gen und Struk­tu­ren gewi­chen. Erst­mals erprob­te und dann in der Rea­li­sa­ti­on ein­stu­dier­te Strea­ming­sze­na­ri­en wer­den ver­fes­tigt und auf immer glei­che Wei­se umge­setzt. Das ist sinn­voll und gut, denn nicht jedes Event, jedes Mee­ting braucht Auf­nah­men aus meh­re­ren Per­spek­ti­ven, eine abwechs­lungs­rei­che Licht­füh­rung oder die krea­ti­ve Kom­bi­na­ti­on aus den zahl­rei­chen Mög­lich­kei­ten zur Inter­ak­ti­on zwi­schen Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mern vor Ort und vor den End­ge­rä­ten. Und ja, je mehr die zahl­rei­chen Mög­lich­kei­ten mit­ein­an­der kom­bi­niert und auf­ein­an­der abge­stimmt wer­den müs­sen, des­to mehr kann auch ein­mal nicht nach Plan funk­tio­nie­ren. Daher macht Abwä­gung von Auf­wand und damit ein­her­ge­hen­den mög­li­chen Risi­ken auf jeden Fall Sinn.

Wenn aber damit eine Rich­tung ein­ge­schla­gen wird, die zur Fol­ge hat, dass jedes digi­ta­le Event in der immer glei­chen Art und Wei­se pro­du­ziert wird, ist Lan­ge­wei­le und Über­sät­ti­gung vor­pro­gram­miert. Wenn Chan­cen und Mög­lich­kei­ten unge­nutzt blei­ben und das gelös­te Spie­len der digi­ta­len Kla­via­tur aus­bleibt, gibt es kei­ne neu­en audio­vi­su­el­len Sounds. Was abhilft, ist ein „Zurück auf Anfang“, aber mit den viel­fäl­ti­gen Erfah­run­gen aus den bis­her pro­du­zier­ten Live­streams und hybri­den Events.