Mit der Anfrage des Deutschen Pilates Verbandes kündigte sich ein anspruchsvolles Projekt an: Vier Konferenzräume mit je einer festinstallierten Kamera inklusive Mikrofon ausstatten, anschließend vier Videosignale live und parallel auf eine passwortgeschütze Website des Verbandes übertragen, dazu je Kanal Einblendungen von Charts und Werbevideos zu individuellen Zeitpunkten.
Beginnen wir mit den „einfachen“ Dingen: Internet mit ausreichender Bandbreite – vier Streams in HD-Qualität benötigen je mindestens 5-7 Mbits – konnte hotelseitig leider nicht gestellt werden. Der Blick auf die Vodafone-Netzkarte sorgte für Entspannung, denn auf dieser war eine Verfügbarkeit von 5G kartiert. Wie sich später herausstellte, stand der Funkmast in Sichtweite zum Hotel und unser, mit zwei externen Antennen ausgestatteter Funkrouter, tat seinen Dienst zuverlässig.
Der nächste Check-Point gestaltete sich ein wenig kniffeliger: Die Konferenzräume waren zwar paarweise angeordnet, aber mit ein wenig Distanz zueinander. Laut Raumplan lagen knapp 60 Meter zwischen ihnen, dazu auf dem ersten Drittel eines verwinkelten Weges ein Treppenhaus und auf dem zweiten Drittel eine Brandschutztür, die auf jeden Fall durch nichts zu behindern war.
Funksignale für Bild und Ton über 60 Meter zu schicken funktioniert auf gerader Strecke problemlos. Hier aber aussichtslos. So haben wir 200 Meter HDMI-Glasfaserkabel für das Bild und 200 Meter XLR-Kabel für den Ton durch die Gänge gezogen und auf der Mitte des Weges durch geeignete Splitter und Steckverbindungen unterbrochen. Damit war gewährleistet, dass wir nachts und im Falle des Falles, die Brandschutztür hatten wir tagsüber immer im Blick, die Strecken freiräumen konnten. Allein zwei Konferenzräume, die in unmittelbarer Nähe zum Regieraum lagen, konnten via Funk mit dem Tonpult verbunden werden. Aber auch hier wurde das Kamerasignal per HDMI übertragen.
Soweit, so gut. Die Signalwege stehen, übertragen verlässlich und müssen „nur“ noch gestreamt werden. Dazu hätte tatsächlich nur unsere Pearl-2 ausgereicht. Dieser vielseitige und robuste Encoder kann mehrere Videofeeds gleichzeitig an unterschiedliche Plattformen streamen und parallel aufnehmen.
Da der Zeitplan aber verschiedene Vortrags- und Übungssessions vorsah, in den Pausen Videos von Werbekunden eingespielt und zu Beginn jeder Session Cover mit Titeln angezeigt werden sollten, haben wir die Regie von Beginn an umfangreich ausgestattet. Dazu gehörten zwei zusätzliche Schaltpulte, ein Videoplayer sowie ein PC zur Kontrolle der vier parallel laufenden Streams. Mit einem weiteren Steuerpult wurden die Bildsignale der Kameras, die Werbevideos und die Cover der einzelnen Sessions in jedem der viel Kanäle individuell geschaltet.
Als Videoplattform haben wir auf das Angebot von Vimeo gesetzt. Im Unterschied zu YouTube konnten wir so die vier Streams ohne störende Zusatzinformationen per iframe-Code in die Website des Pilates Verbandes einbinden. Sobald die User ihr Passwort eigegeben hatten, öffnete sich die entsprechende Unterseite und gab den Blick auf alle vier Streams frei. Ein Klick auf den gewünschten Stream öffnete sodann das Video über den gesamten Monitorbereich.
Und was war nun mit dem Kilometergeld?
Streamingprojekte dieser Art sind ideal für AV-over-IP, also die parallele Übertragung von Bild und Ton über ein Netzwerk mit hoher Leistung. Gleichzeitig lassen sich so auch Steuersignale aus der Regie an die Kameras zur Ausrichtung senden. Eine Lösung, die uns zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht zur Verfügung stand. Also galt es mehrfach am Tag die Strecke zwischen Regie und den vier Vortragsräumen abzulaufen. Einerseits, um den Referentinnen und Referenten beim Anlegen der Lavaliermikrofone behilflich zu sein sowie deren Akkus zu überprüfen, und andererseits, um die Kameras immer mal wieder ein wenig nachzujustieren, damit die mitunter sehr beweglichen Protagonistinnen und Protagonisten immer im Bild waren.
Der große Aufwand, verbunden mit einem kleinen Lauftraining, hat sich gelohnt. Im Ergebnis haben wir ohne Unterbrechung vier HD-Streams in bester Bild- und Ton-Qualität über den Äther geschickt. Die parallel entstandenen Videomitschnitte der Sessions wurden im Anschluss an die Convention als Video-on-Demand zur Verfügung gestellt.
Nur an einer Herausforderung wären wir am Schluss fast gescheitert: Die wirklich großen Präsentkörbe, die Taro Kataoka und ich als Zeichen für die Zufriedenheit unserer Auftraggeberinnen erhalten haben, passten nur noch knapp in unseren Transporter. Der nächste wird definitiv größer.